Thomas Pany 27.11.2004
Das erste Google Bombing der iranischen Blogosphäre
Eigentlich fallen die iranischen (oder sollte man sie von
nun an als "persische" bezeichnen?) Blogger
bei Staatsvertretern gerne unter den Generalverdacht, dass sie
unpatriotisch seien, Nestbeschmutzer. Hetzartikel, die eine
große Verschwörung der Blogger gegen das Land "aufdecken",
wurden verfasst (vgl.
"Das größte
Gefängnis im Mittleren Osten"),
Journalisten wegen unliebsamer Internetaktivitäten, die mit
Bloggen assoziiert werden (vgl.
Blogs und Chatrooms verführen zum
Bordellbesuch), verhaftet.
Möglicherweise korrigiert aber jetzt eine "Bombe" das
unpatriotische Image der "subversiven" iranischen
Bloggergemeinde.
Das erste
\Google
Bombing der iranischen
Blogosphäre war erfolgreich, jubelt deren bekanntester
Protagonist, \Hossein
Derakhshan: Wer bei Google nach
einem "arabian gulf" sucht, der findet
zuoberst
(zumindest noch heute Mittag) folgende
\"Auskunft":
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Den Golf, nach dem Sie suchen,
gibt es nicht. Versuchen Sie "Persian Gulf".
Der Golf, nach dem Sie suchen, ist
nicht verfügbar. Kein Gewässer, das so genannt wird, hat
es jemals gegeben. Der korrekte Name ist "persischer
Golf", der immer schon und für alle Zeiten persisch
bleiben wird. |
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Der Google-Bombe,
die vom Blogger Pendar lanciert
und von "Tausenden iranischer Blogger" unterstützt wurde, war
eine Woche zuvor ein kartographischer Streit vorausgegangen,
der sich an der Veröffentlichung der achten Ausgabe des
"National Geographic"-Weltatlasses entzündete. In der
Neuausgabe stand hinter der Bezeichnung "Persian Gulf" in
Klammern "Arabian Gulf", zudem wurde bei drei Golfinseln ("Abu
Musa", "Greater Tunb" und "Lesser Tunb"), welche die
Vereinigten Arabischen Emirate für sich reklamieren, ebenfalls
in Klammern der Zusatz hinzugefügt, dass sie vom Iran besetzt
sind ("occupied by Iran").
In der ersten Reaktion auf diese
kartographische Gemeinheit ]verbot der
für ausländische Medien zuständige Vertreter des iranischen
Kulturministeriums, Muhammed Hossein Khoshvaght, allen
Journalisten der National Geographic
Society den Zutritt zum Iran und stoppte die
Publikation des Atlasses im Land. National Geographic
reagierte mit einer
Presseerklärung,
der zufolge die Bezeichnung "Persian Gulf" zwar die
Hauptbezeichnung sei, weswegen es auch als "Primary Name"
geführt werde, es aber seit langem die kartographische Praxis
der Gesellschaft gebe, wonach ein zweiter Name in Klammern
dahinter gesetzt werde, wenn dessen Gebrauch allgemein sei.
So werde für das Meer zwischen Japan und Korea
als erster Name "Sea of Japan" geführt und in Klammern der
zweite Name ("East Sea") dazu gesetzt. Da es über die
genannten Inseln im Golf einen Konflikt zwischen Iran und den
Vereinigten Emiraten gebe, habe man durch den Zusatz "Occupied
by Iran (claimed by the U.A.E.)" diesen Konflikt deutlich
machen wollen.
Der Streit ist wie
viele andere Streitigkeiten über die richtige Benennung "dumm"
und überflüssig, meint der amerikanische Blogger und
Geschichtsprofessor
Juan Cole:
Der persische Golf würde nach griechischen und lateinischen
Quellen in der Antike als solcher bezeichnet. Die frühen
Iraner, die im achten oder neunten Jahrhundert vor Christus in
Elam einwanderten, wurden auf alten assyrischen Tafeln
"Parsumasch" genannt und sollen sich selbst als Parsen oder
Iran (Arian) bezeichnet haben. Der Südwesten des heutigen Iran
wird noch heute Provinz "Fars" genannt (da durch die
Eroberungsfeldzüge der Muslime das arabische Alphabet dort
eingeführt wurde, wurde das "p" durch ein "f" ersetzt). Weil
die Iraner zu dieser Zeit das am besten ausgebildete
\Navigationssystem
im Golf gehabt hätten, hätten die Griechen und Römer das Meer
in ihren Sprachen "persischer Golf" genannt.
Erst der Aufstieg der Nationalismen im
20.Jahrhundert habe die Benennungen verkompliziert; arabische
Nationalisten forderten, dass der Golf "arabisch" heißen soll.
Und Resa Shah bestand im Jahre 1933 darauf, dass alle
westlichen Zeitungen das Land "Iran" nennen sollten und nicht
"Persien". Nach dieser Logik müsste dann der Golf allerdings
als "iranisch" bezeichnet werden.